Visit @ St. Kilian Distillers (Rüdenau)

03. Dezember 2017

Die Lage - das Dorf Rüdenau

Rüdenau? Nie gehört? Ich auch nicht, aber das sollte sich ändern, denn im 700 Seelen Dorf ist man stolz auf die größte Whisky Brennerei Deutschlands. Von hier aus schafft man es in knapp einer Autostunde nach Frankfurt am Main. Die Brennerei liegt abseits von Bundesstraßen oder gar Autobahnen in einem idyllischen Tal, eingebettet zwischen Wäldern, Bergen und Flüssen. Es führt eine Straße rein und wieder raus. Von hier aus schafft man es in knapp einer Autostunde nach Frankfurt am Main. Rüdenau blickt dabei auf eine langjährige Weintradition zurück. Schon die Römer haben hier ihren Wein angebaut und auch noch heute findet man eine Menge Winzer und Weinberge in der Umgebung. 

 

Die Brennerei - eine tolle Story

Nach mehr als vier Jahren der Planung und Aufbauarbeit sowie erheblichen Investitionen floß pünktlich zum Sankt Patrick's Day Anfang 2016 der erste Spirit durch die Pot Stills von Sankt Kilian. Doch wie kam es dazu? Warum plant man eine Whisky-Brennerei ausgerechnet im 700 Seelen Dorf Rüdenau/Deutschland? 

 

Die Idee und vor allem der Mut hierzu besaß Andreas Thümmler, der Gründer und heutige Inhaber der Brennerei, der in eben diesem Dorf geboren und aufgewachsen ist. Während eines Whiskytrips in Irland im Jahr 2010 kreuzten sich die Wege vom bis dato mehr als begeisterten Whiskysammler Andreas Thümmler und David F. Hynes in der Connemara Destillerie. Hynes war zu diesem Zeitpunkt seit mehr als 30 Jahren  Master Distiller und Geschäftsführer von Cooleys. Thümmler wollte unbedingt ein eigenes Fass bei Kilbeggan (Cooleys zugehörig) kaufen, doch David Hynes lehnte strikt ab. Zunächst.... Thümmler gab nicht auf und stand jeden Tag erneut auf der Matte, bis David Hynes letztendlich nachgab und ihm ein Fass verkaufte.

 

Ein Jahr später wurde in Tümmlers Heimatdorf eine stillgelegte Textilfabrik mit eigener Quelle verkauft. Zu diese Zeit hielt David Hynes ein Seminar im Rahmen der Interwhisky in Frankfurt und wurde prompt von Tümmler gefragt, ob er sich das Objekt einmal ansehen könnte. Es keimte bereits eine Idee in Thümmler, die nach einem ausgiebigen privaten Tasting mit David Hynes umgesetzt werden sollte und es wurden die zwei 6.000 Liter Kupfer Pot-Stills bei Forsyth (3 Jahre Lieferzeit) bestellt. Keineswegs eine Schnapsidee, wie sich mittlerweile herausstellt.

 

Zu diesen beiden Herrschaften gesellte sich Braumeister Mario Rudolf, ein ebenfalls begeistertet Whiskysammler und Genießer, der in den Folgejahre von David J. Hynes die hohe Kunst der Destillation von Whisky erlernte. Der Bau der nach schottischen Vorbild geplanten und nach dem heiligen Kilian benannten Brennerei erfolgte ab 2012 und man setzte auf Originalausrüstung aus Schottland/Irland. Für die Herstellung wird Braumalz der Firma Weyermann aus Bamberg verwendet, welches selbst geschrotet und anschließend gemaischt wird. 

 

Eingang zur Brennerei
Eingang zur Brennerei
Malzsilos
Malzsilos
Computerüberwachte Produktion
Computerüberwachte Produktion

 

Die Produktion wird von Computern überwacht und es wird modernste Technik verwendet. Viele Arbeitsschritte erfolgen jedoch noch in Handarbeit und man lässt sich vielmehr durch den Computer "unterstützen". St. Kilian besitzt vier Washbacks mit jeweils 10.800 Liter Fassungsvermögen. Die Gärzeit beträgt 62 Stunden und den heißen Sommermonaten kann durch eine aktive Kühlung im Inneren der Bottiche gegengesteuert werden, um eine optimale Ausbeute und Geschmack zu erzielen. Am Ende der Washbacks ragen die kupfernen Pot-Stills hervor, wobei die eine Brennblase hinter "Gittern"  steht bzw. leider stehen muss. Diesen  verplombten und versiegelten Käfig hat man dem deutschen Zoll- und Steuerrecht zu verdanken, die es den deutschen Brennereien im Vergleich zu anderen Ländern in der ein oder anderen Sache enorm erschweren. Man spricht hier auch von "Verschlussbrennerei", bei der man nur dann Zutritt hat (gilt auch für St. Kilian selbst), wenn der Zollbeamte vor Ort ist (außer natürlich bei akuten Probleme mit der Anlage).

 

Eine Etage tiefer bzw. ebenerdig befindet sich die Fassabfüllanlage. Auch hier zeigen sich wieder die für Deutschland teilweise irrsinnigen Zollbestimmungen. Die Abfüllung darf nur unter Aufsicht der Zollbeamte erfolgen und mit einem ebenfalls verplombten Messgerät wird gemessen, wieviel Reinalkohol abgefüllt wird. Dies dient dann als Grundlage der abzuführenden Alkoholsteuer. Die Abfüllung erfolgt in Handarbeit und ähnelt der Arbeit eines Tankwartes. Die Gerätschaften erinnern an eine zu groß ausgefallene Zapfsäule.

 

Das Fasslager, in den sowohl eigene als auch Kundenfässer liegen, verteilen sich mittlerweile auf mehrere Hallen und vor der Destillerie bzw. hinter den Malzsilos ist ein weiteres bereits in Planung, da der Platz jetzt bereits knapp wird. Der Geruch ist dank des Angels Shares himmlisch.

 

Pot-Stills von Forsyth und der "Käfig"
Pot-Stills von Forsyth und der "Käfig"
Washtun und Washbacks
Washtun und Washbacks
Fasslager
Fasslager

Die Führung & Verkostung - eine klare Empfehlung

Ein Termin für eine persönliche Führung durch die Brennerei St. Kilian muss vorher vereinbart werden und kostet 10 Euro, die jedoch bei einem Einkauf ab einem Wert von 20 Euro im Shop wieder abgezogen werden. Ich habe mich recht kurzfristig für meinen Besuch entschieden (ca. 3 Tage im Voraus) und eine Führung über das Kontaktformular auf der Homepage angefragt. Prompt bekam ich eine freundliche Antwort zurück, dass ich gerne am Samstag den 11.11.2017 an der Führung teilnehmen kann. Das ging mal fix!

 

Mit mir nahmen insgesamt noch 7 weitere Leute teil. Keine Massenabfertigung, sehr schön! Die Führung dauerte insgesamt 75 Minuten und es wurde sich ausreichend Zeit bei den einzelnen Stationen genommen. Angefangen von den Malzsilos bis hin zu den diversen Fasslagern. Für Fragen der Teilnehmer stand man jederzeit zur Verfügung und konnte der Guide ausnahmsweise mal nicht eine Frage beantworten, wurde kurzer Hand der Master Distiller persönlich hinzu geholt. Abschließend erfolgte die Verkostung im Hauptgebäude der Brennerei. Auch hierfür war reichlich Zeit eingeplant und so konnte man ausgiebig die unterschiedlichen White Dogs (also das reine Destillat) und die neuen St. Kilians Liköre verkosten. 

 

 

Begonnen wurde mit dem "normalen" White Dog (43%), mit seiner Milde und Fruchtigkeit. Der Alkoholgehalt ist hier wirklich toll eingebunden und kaum zu spüren. Wie jeder andere New Make oder auch White Dog erinnert auch dieser zunächst an einen Obstbrand. Mit dem Turf Dog (49.9%) setzten wir die Verkostung fort. Für diese besondere Variante wurde  getorftes Malz aus den schottischen Highlands verwendet, welches dem Destillat ein dezent rauchiges Aroma verleiht, welches sich mit den bereits vom White Dog bekannten süßlichen Früchte paart. Eine leichte Schärfe ist bei dieser Abfüllung zu erkennen, die aber nicht unangenehm erscheint. Bevor es an die diversen Liköre ging, wurde noch die Cask-Strength Variante des White Dog mit 63.5% vol. verkostet. 

 

Ich bin nicht der größte Fan von White Dogs/ New Makes, aber im Vergleich zu anderen New Makes, die ich in letzter Zeit probieren konnte, haben mir die White Dogs von St. Kilian überraschend gut geschmeckt. Das Potential für einen tollen Whisky ist hier definitiv vorhanden.  

 

Fazit - großes Kino

In Rüdenau entsteht Großes bzw. ist mit dem Bau dieser tollen deutsch-schottischen Whisky Brennerei bereits entstanden!  Insgesamt ein tolles Erlebnis und ich kann die informative Tour nur jedem weiter empfehlen! Der Besuch hat sich wirklich gelohnt und ich komme gerne wieder.  Die Brennerei ist meines Erachtens ein exzellentes Beispiel, das auch in Deutschland guter Whisky (bzw. derzeit noch White Dog) gebrannt wird! Der Kunde steht hier eindeutig im Vordergrund und die Kundennähe ist beeindruckend. Man darf auf den ersten drei jährigen Whisky gespannt sein!! Ich bin es auf jeden Fall :))